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Im Zeichen der Moderne

PROJEKTIONEN UND PLÄDOYER

Einladung in vertiefende Einblicke

Mit diesem Untertitel innerhalb eines Kapitels wären die Essays, die unser Vizepräsident Oswald Panagl zu einem umfangreichen Konvolut bündelte, kurz und prägnant zu charakterisieren.

Als sowohl profunder Kenner der Materie betreffs zugrundeliegen-der Literatur wie gleichermaßen Liebhaber der musikalischen Umsetzung  –  bekanntlich  em.  Universitätsprofessor  der  Germanistik im nach wie vor jedoch „Unruhestand“, aber auch sängerisch ausgebildet und als Dramaturg tätig gewesen – trug er IM  ZEICHEN DER MODERNE eigene Texte zusammen, in denen er seit Jahren auftrags verschiedener Bühnen und Institutionen im In- und Ausland Einführungen zum Musiktheater zwischen „Fin de Siècle und Avantgarde“ formulierte.

Mehrheitlich  für  Programmhefte  entstanden,  verstaubten  diese wohl sonst längst in Archiven. So schlägt Panagl hier jedoch, nach eingehend  anspruchsvoller  Behandlung  des Terminus  „Moderne“ an sich, einen nach-lesens- und bedenkenswerten Bogen, ausge-hend von Claude Debussys „Pelleas“ und gegen Ende zu wieder zu ihm zurück.

Ein Giacomo Puccini-Kleeblatt typisiert vorerst die männlichen Protagonisten  in  „La  Bohème“  als  die  vier Temperamente  und  spart dankenswerterweise die bei uns kaum je zu erlebende „La Rondine“ nicht aus. Nach einem Blick auf Busonis „Doktor Faust“ frönt der Autor in vom Umfang her mit über 100 Seiten gleichsam unüberles-bar seiner persönlichen Vorliebe – nona: als Präsident der Internationalen Richard Strauss-Gesellschaft für den „griechischen Germanen“ und dessen Librettisten. Facettenreich, zum Nachdenken, wie in  dem  Zusammenhang  nicht  anders  zu  erwarten,  gehaltvoll  und geistig anregend. Von daher also eher nicht zum „Durchlesen“ in einem Atemzug und wohl auch nicht so gedacht, geplant.:

Ebenso  persönliches  Engagement  widerfährt  dem  leider  heute  zu Unrecht  meist  übergangenen  Hans  Pfitzner,  nicht  bloß  szenisch, sondern bis in Erläuterung dessen Kantaten-Schaffens hinein. Ähnlich Nachdenkenswertes lässt Oswald Panagl Franz Schreker, Egon Wellesz,  Erich  Wolfgang  Korngold,  Paul  Hindemith,  Ernst  Krenek, Kurt  Weill,  Viktor  Ullmann  angedeihen.  Arnold  Schönberg,  Alban Berg und Alexander Zemlinsky finden sich genauso wie die intensive Behandlung von Leoš Janáčeks gewichtigen Beiträgen zur Gattung.

Nach einem Schwenk über England in die USA hinüber überrascht dann gegen Schluss als alleiniger Originalbeitrag zu dieser Publika-tion die Lanze für Eduard Künnekes „Die große Sünderin“: Jeden-falls  Grund,  der  derzeit  alleinigen  Aufnahme  nachzuspüren.  Wie denn die einzelnen Artikel, jeder für sich überarbeitet, zu erneuter Beschäftigung  mit  den  Werken  anregen  –  was  könnte  der Autor wohl Nachhaltigeres, Besseres bezwecken? Es lohnt sich!

 

Horst Erwin Reischenböck

15. Dezember 2020
Journal 2021/02