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Zweite Violine

Elzbieta Pokora im Gespräch mit Ferdinand Dreyer

Sie spielt schon seit ihrem sechsten Lebensjahr Geige -auch ihre Mutter spielte schon immer Geige. Sozusagen hat sie das mit der Muttermilch aufgenommen. Wo?

In Lodz. wo sie geboren wurde. An ihre ersten Schritte erinnert sie sich nicht, an die erste Geige aber schon. Das Schulsystem in Polen ist anders als hier bei uns. Nach diesem hatte sie von der Grundschule bis zum Gymnasium durchgehend Geigenunterricht. aber weniger Physik, Mathematik usw. Natürlich Musikgeschichte wn so mehr. Jedes Jahr gab es Prüfungen, schließlich kam das fünf­jährige Orchesterstudium in ihrer Geburtsstadt. Da sie keine vernünftige Möglichkeit sah, dort weiter zu kom­men. ging sie nach Deutschland (Mannheim). um dort weiter zu studieren und auch sich mit einer neuen Kulturwelt auseinander zu setzen. Hinter dem Eisernen Vorhang gab es wenig Chancen, aber auch das Reiseverbot trug nicht dazu bei. die Situation zu verbessern.

Warum gerade nach Mannheim?

Dort unterrichtete Frau Prof. Wilkomirska, die aus Polen stammte und nicht nur musikalisch und didaktisch wunderbar war. sondern auch menschlich. Vor zwanzig Jahren hatte sie Polen verlassen und sich in Mannheim einen beachtlichen Ruf erworben. Frau Pokora bestand die Aufnahmsprüfung in diese Meisterklasse und blieb fünf Jahre lang. Sie lernte natür­lich dort auch Deutsch (ausgezeichnet. wie ich bei diesem Interview feststellen durfte) Neben ihrem Studium spielte sie im Süddeutschen Rundfunkorchester Stuttgart und auch in Heidelberg.

Und wie kam sie nach Salzburg? Sie bewarb sich um ein Probespiel (unter 30 Kandidaten) und wurde ausgewählt. (Ganz einfach. wenn man ’s kann!) Seit Juli 1997 ist s!e hier und genießt ihre musikalische Aufgabe ebenso wie die Berge. Schon als Kind wanderte sie in der Hohen Tatra und hat sich diese Liebe zu den Bergen bis heute bewahrt.  Das Vielspartenorchester ist für sie wunderbar, weil sie in verschiedenen Genres musizieren kann. Das erlebte sie besonders intensiv, als sie von Mozarts Idomeneo zu Bern­steins West Side Story wechselt, dessen Wehmut sie stark erlebt hat.

Zum Abschluss laß ich die berühmte Fee auftreten, die den Musikern jedesmal ihre Wünsche erfüllt: In welchem Werk wollen Sie Solistin sein?

Spontane Antwort: Im ersten Violinkonzert von Szy­manowski. einem Landsmann. Er lebte am Anfang unseres Jahrhunderts. stilistisch ehestens als Impressionist · einzuordnen; er lebte in den Bergen sehr naturverbunden. Die Fee erscheint nochmals, um nach dem kammer­musikalischen Wunsch zu fragen, nachdem sie bereits das ,,Elzbieta-Oktett“ gegründet hat.

Wiederum kommt der offenkundige Lieblingskomporust. Szymanowski zum Zug: Sein Oktett ist die Wahl.
Zum letzten Mal hebt die Fee den Zauberstab: Frau Pokora ersetzt Markus Tomasi, ist also Konzertmeisterin. Schließlich die unvermeidliche Frage nach den Lieblings­komponisten: Diesmal ist die Antwort notgedrungen nicht so eindeutig (warum fragt der Dreyer auch so lehrerhaft?). Mahler ist wunderbar: Bruckner liegt ihr nicht so.

Ihre Familie ist in Polen und besucht sie gerne. aber leider ist die Flugverbindung nach Polen besonders schlecht. Da hilft auch nicht die gute Fee, aber vielleicht Niki Lauda. Die besten Wünsche weiterhin und alles Gute.

Stand:

1998