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Spanien-Tourne mit Hubert Soudant

Das Mozarteum Orchester ist ja eines der meistreisenden Orchester Österreichs und hat eine lange Tradition, die schon von Hofrat Paumgartner und Ernst Märzendorfer begründet worden ist, sich mit Leopold Hager fortgesetzt hat und gerade in der Ära von Hans Graf weiter kultiviert worden ist. Da hat es neben den obligaten Deutschlandtourneen, denen in die USA und Japan, die ja regelmäßig laufen, immer schon Besuche in Spanien gegeben.

Diese sind aufgrund von schwer erklärbaren Ursachen anfang der 90er Jahre abgerissen. Es hat mindestens sieben Jahre gedauert, bis der Weg zu einer Einladung des Orchesters in dieses Land wieder geebnet gewesen ist. Jetzt war es natürlich wichtig, diesen Schritt überhaupt zu tun, ihn aber dort dann auch erfolgreich zu bestehen. Wenn man verloren gegangenes Terrain wieder erobern muss, kann man nicht sofort damit rechnen, eine Tournee der allerersten Prominenz fahren zu können. Es muss eben wieder eine Eroberung stattfinden.

Die hat sich so abgespielt: drei Konzerte in Galizien, einem blühenden Teil Spaniens, im Nordwesten, eben an der atlantischen Küste, einem abwechslungsreichen Land­strich, mit einmal Sonne, einmal Regen. Es gab Konzerte in drei Orten: in Vigo (Centro Cultural), Lugo (Circulo de las Artes) und in Pontevedra (Pazu da Cultura de Pontevedra) mit unterschiedlicher Besucherzahl, aber immer gleicher Begeisterung über das Programm.

Nordwestspanien erreicht man ja nicht so leicht: weder die Instrumente, die 2.850 km zurücklegen mussten, mit einem Chauffeur, der das innerhalb von zweieinhalb Tagen geschafft hat – niemand weiß, wie – noch auch für das Orchester, wo man von Salzburg nach München, von dort nach Madrid und dann weiter nach Vigo fliegen muss, eine Anreise, die allein dreizehn Stunden gedauert hat.

Diese drei Konzerte, die neben der künstlerischen Leistung, über die dann noch zu berichten sein wird, waren auch von der Organisation her (durch eine galizische Barik) nicht alltäglich. In Spanien gibt es nämlich eine sehr interessante Bestimmung, dass die Bariken keinen Gewinn einbringen dürfen, sondern verpflichtet sind, ihre Gewinne in Kultur oder Wohltätigkeit zu investieren. Und jetzt tritt dort in Galizien eine Barik als Konzertorganisator auf, was im ersten Moment so klang, als seien das Konzerte in privatem Rahmen. Aber dem war nicht so: es sind öffentlich ausgeschriebene Konzerte bzw. Abokonzerte. Ein solches Modell wäre vielleicht auch für Österreich zu überlegen. Das Ziel der Bariken wäre dann nicht irgendwelche Glaspaläste, sondern kulturelle Veranstaltungen.

Doch wieder zurück zur Tournee. Der vierte Tag hat ins Teatro Villamarta nach Jerez de la Frontera geführt, eine Stadt, bekannt für den Sherry, ganz im Süden Spaniens, die auch einen modernen Konzertsaal hat. Der Erfolg war überwältigend: nach der Siebenten von Beethoven schlug der Applaus um in skandierendes Klatschen im Walzertakt als besonderen Ausdruck der Begeisterung des Publikums.

Die Sinfonia Concertante von Haydn (Hob. I. 105) stand immer im Mittelpunkt, zwar als 105. Sinfonie angeführt, eigentlich aber ein Konzert mit vier Instrumenten. Das Besondere und Interessante: die vier Solisten kamen alle aus dem Orchester: Tomasi, Wappler, Malzer und Wimmer. Das ist keineswegs üblich! Es hat sich eine Erfahrung wiederholt, die man schon in der Mozartwoche und bei den Festspielen gemacht hat mit Mozarts Sinfonia Concertante: diese vier Musiker sind selbstverständlich nicht nur technisch ihren Aufgaben souverän gewachsen, sondern haben durch jahrelanges gemeinsames Musizieren eine so hohe Qualität im Zusammenspielen und Aufeinanderhören vorzuweisen, die selten einmal von den (üblicherweise nicht orchestereigenen) Solistenstars erreicht wird.

Mozarteumorchester Salzburg Madrid

Nachzutragen wäre noch eine fürs Buch der Rekorde reife Tatsache: nach dem letzten Konzert in Galizien ist der LKW Fahrer mit den Instrumenten tausend Kilometer in der Nacht nach Jerez gefahren. Das Abschlusskonzert in Madrid im Auditorio Nacional durfte ich selbst mit meiner Familie miterleben. Der Konzertsaal ist unglaublich geräumig mit einer gewaltigen, hochschwebenden Holzdecke. Die Akustik ist traumhaft, und schon nach den ersten Klängen der Oxford Sinfonie, besonders aber bei Beethovens Siebenter wurde mir (wieder einmal) schmerzhaft bewusst, wie gepresst, unfrei und verzerrt solche großen Werke im kleinen, sogenannten Großen Saal des Mozarteums klingen (müssen), wofür meistens die Musiker und der Dirigent zu Unrecht gescholten werden. Wenn dann noch Saunatemperaturen herrschen (aber ohne Aufguss), ist die Beanspruchung der Musiker, der Instrumente und des Publikums unverantwortbar! Die Mozartstadt Salzburg verfügt über keinen repräsentativen Konzertsaal. (Aber vor dem Barockschloss Klessheim ein Stadion um eine Milliarde – trotz inzwischen internationaler Proteste und 38.000 Unterschriften dagegen – hinzuklotzen, dafür setzten sich unsere Politiker vehement und brutal ein. Eine Kulturschande ohnegleichen!)

Zurück zu Erfreulichem: Die Stimmung in Madrid war dem großen musikalischen Ereignis völlig angemessen, also euphorisch. Selten habe ich eine so ausgefeilte, spannende, wohllautende, dramatische, witzige Wieder­gabe sowohl der Oxford wie auch der Siebenten erleben dürfen. Die Concertante Haydns fand besondere Zustimmung. Warum, siehe oben! Als der Abend mit dem Andante aus der Cassation KV 66 ausgeklungen war, sah man im Publikum und auf der Bühne zufriedene und glückliche Gesichter. Was will man mehr? Freunde im Ausland erlebt man immer besonders intensiv, mir ging es hier nicht anders.

Ein Bericht von Ferdinand Dreyer